Stiftung unterstützt AWO-Projekt für drei Jahre
Stören, Dauerschwänzen, teilnahmslos im Unterricht sitzen: Es gibt Jugendliche, für die die Schulzeit keine Erfolgsgeschichte ist. Die Gründe sind vielfältig – umso wichtiger ist es, solche Jugendliche wieder für die Schule zu motivieren. Genau das macht die AWO mit „BackUp!“ in Haltern am See.
Schulmüdigkeit – was ist das?
Als schulmüde werden Schülerinnen und Schüler bezeichnet, die unentschuldigt der Schule fernbleiben oder massiv gegen Regeln verstoßen (aktive Verweigerung). Schulmüde ist aber auch, wer entweder auffällig oft entschuldigt der Schule fernbleibt oder teilnahmslos im Unterricht sitzt (passive Verweigerung).
Die Stadt Haltern am See stellte fest, dass im Durchschnitt 18 Schüler pro Schuljahr schulverweigerndes Verhalten zeigten, unabhängig von Alter, Geschlecht oder sozialer Herkunft. Auslöser dafür können "falsche" Freunde, gescheiterte Schulbiographien, konfliktreiche Elternhäuser, erhebliche eigene psychische Belastungen sowie die der Eltern bis hin zum Drogenkonsum sein.
Seit Mai 2017 gibt es deshalb nach Initiative der Stadt Haltern am See in Kooperation mit der Fachstelle Jugendsozialarbeit der Arbeiterwohlfahrt Unterbezirk Münsterland-Recklinghausen das Schulmüdenprojekt BackUp! im ehemaligen Schulgebäude der Erich-Kästner-Schule in der Drususstraße. Bereits im ersten Jahr nahmen 18 betroffene Jugendliche freiwillig daran teil. Die Erfolgsquote liegt bei gut 60 Prozent.
Nachdem Back Up! mit Hilfe des Landesjugendamtes ein Jahr lang als Modellprojekt erfolgreich erprobt werden konnte, wurde dringend nach einer Möglichkeit der Weiterfinanzierung gesucht.
Das Ziel ist gesellschaftliche Teilhabe
Wenn man Jugendliche aus dem AWO-Projekt fragt, was ihnen geholfen hat, den Weg in die Schule zurückzufinden, antworten sie oft:
- dass man ihnen zugehört
- und sie "angenommen" hat wie sie sind.
Ihre Motivation ist daher, dass ihre Grundbedürfnisse gesehen und berücksichtigt werden. Dies sind Bedürfnisse wie Anerkennung oder Zugehörigkeit, die in jedem von uns innewohnen. Sie sind positiv überrascht, wie viele Fähigkeiten in ihnen stecken und welche Ziele sie erreichen können, wenn sie diese nur kennen und aus eigenem Antrieb heraus umsetzen wollen.
Kein junger Mensch verweigert gerne die Schule, sondern strebt grundsätzlich danach, die Grundbedürfnisse erfüllt zu bekommen. Durch die Chance der Projektteilnahme werden die Jugendlichen somit nicht nur dabei unterstützt, regelmäßig die Schule zu besuchen oder in eine Anschlussmaßnahme überzugehen, sondern sich zu selbstständigen jungen Menschen zu entwickeln, die nachhaltig nicht nur am schulischen, sondern auch gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
Die Unterstützung der GELSENWASSER-Stiftung macht eine Weiterführung und somit eine gemeinsame Umsetzung des Projektes für die nächsten drei Jahre möglich.
So funktioniert Unterstützung durch BackUp!
Die Zusammenarbeit mit dem jungen Menschen und der Familie ist geprägt von einer beziehungsorientierten Handlungsweise, von gegenseitigem Respekt, Echtheit und Vertrauen in die Fähigkeiten der Jugendlichen. Die Unterstützung baut außerdem auf eine starke Vernetzung mit dem System des Jugendlichen. Das können Institutionen und Menschen, das Jugendamt, ein wichtiges Familienmitglied wie der Opa oder eine Tante, Beratungsstellen oder andere Träger der Jugendhilfe sein. Das BackUp!-Angebot wird immer auf den betreffenden jungen Menschen "maßgeschneidert". Jeder bekommt das Unterstützungspaket, das sie/er benötigt.
Jugendliche werden in Projektgruppen und im Case Management betreut
Um eine individuelle Begleitung zu gewährleisten, werden die Jugendlichen im sogenannten "Case Management" betreut. Zu Beginn wird immer die aktuelle Situation des jungen Menschen und sein bisheriger Lebens- und Bildungsweg erfasst. Gemeinsam mit dem jungen Menschen werden seine bisherigen wichtigen Stationen, seine familiäre Situation, seine Stärken und die Dinge, die er gerne verändern möchte, erarbeitet, um aus der oftmals verfahrenen Situation, in der er sich befindet, herauszukommen. Ziele zu benennen und daran zu arbeiten, müssen die jungen Menschen und ihre Familien oft erst lernen. BackUp! erarbeitet das gemeinsam und schrittweise.
Die Jugendlichen, die noch "nah" an der Schule sind, d.h. bereits auffällig viele Fehlzeiten haben oder zwar in der Schule körperlich anwesend sind, sich aber nicht aktiv beteiligen, werden ausschließlich im Case Management betreut. Sie besuchen während der Projektteilnahme also die Schule und werden im Nachmittagsbereich regelmäßig gecoacht. Häufig besteht die Herausforderung der Jugendlichen darin, sich alternative Lösungsstrategien für ihre Problembewältigung zu erarbeiten. Denn nicht zur Schule zu gehen ist oftmals eine Vermeidungs- oder Lösungsstrategie, für Probleme der jungen Menschen. Aufgabe des Case Managements ist es, die jungen Menschen dabei zu unterstützen andere Wege zu finden und ihr Verhalten zu durchbrechen. Bei Bedarf werden die Jugendlichen auch morgens von zu Hause abgeholt und zur Schule begleitet. Die Jugendlichen und die Eltern werden also auch dabei unterstützt, die Situation morgens zu Hause zu gestalten und ihre Kinder aus dem Bett und aus dem Haus zu bekommen.
In der Projektgruppe
Jugendliche, die bereits länger der Schule fernbleiben oder durch ihr Verhalten in der Schule so stark negativ auffallen, dass eine Regelbeschulung nicht mehr möglich ist, werden vorübergehend in einer Projektgruppe extern "beschult". In der Gruppe am Projektstandort ist für 6 Jugendliche Platz, die Unterstützung brauchen, um u.a. zu einer regelmäßigen Tagesstruktur zurückzufinden. Die Jugendlichen bekommen soziales Kompetenztraining, Lernbegleitung und aktive Angebote zur Aktivierung ihres Potentials wie Werken oder Kochen.
Ansprechpartnerin für die Stiftung
Jennifer Kownatzki
GELSENWASSER-Stiftung